Artikel von Udo Ungar - von Sommer 1995

deutsche Dorf ist, in dem er aufgewachsen ist, in dem er bis vor kurzem noch gelebt hat. Schleichend, dann immer schneller wurde es zum Balkan.

Das ist keine Wertung, sondern nur die Beschreibung einer gravierenden Änderung. Jahrhundertelang haben die Sachsen in Dörfern gelebt, in denen fast nur Deutsche gelebt hatten Mit den anderen Einwohnern des Balkans hatte man hauptsächlich wirtschaftlichen Kontakt. Man war unter sich.
Im letzten Jahrzehnt gingen einige, dann immer mehr, dann ging der Pfarrer, das Schlimmste war passiert. Ein Dorf ohne kirchlichen Beistand, ohne ausgleichendes Element. Nun sind nur noch wenige Alte dort, die Kinder sind in Deutschland, es ist Zeit zu gehen. Und während der Kurator Hien auf seine Ausreise wartet, auf seinen Koffern und gepackten Kisten sitzt, hat er seine Heimat innerlich schon längst verlassen. Er ist in der Situation, sich mit einem stetig wachsenden Trennungschmerz konfrontiert zu sehen, da seine Entscheidung unumkehrbar ist. Er muß aber durch die lange Bearbeitungszeit der Anträge noch im Dorf bleiben, mit dem er schon abgeschlossen hat. Er sieht zwar seine Kinder in Deutschland wieder, aber er verliert sein Haus, seinen Garten, seine Weinstöcke und vor allen Dingen seine Tätigkeit in der Kirche.

Dies führt für die Sachsen nur zu einem Schluß: "Weg, weg nach Deutschland!"

Ob die Entscheidung, die Ausreise zu beantragen, richtig ist, ob sich die Sachsen in Rumänien diese Tendenzen selber eingestehen oder nicht, es ist ein Fakt, daß die Deutschen in Rumänien nichts mehr hält. Sie sitzen praktisch auf ihren Koffern.
Zum Beispiel der Kurator Hien aus Reussen, einem kleinen Dorf in der Nähe von Herrmannstadt: dieser Mann ist stark mit seinem Dort, dem Land, mit seiner Kultur und Religion verwachsen. Nur stellt auch er nach langem Zögern fest, daß es nicht mehr das
SIEBENBÜRGEN - wie lange noch?
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