Erst auf anderen Wegen mußte ich dieses lernen. Später, mit einem gewissen Abstand von Zuhause, wirkte das Erlebte und Anerzogene nach. Mit dem Abstand von der Gemeinschaft
erwachte mein Interesse am "Warum" des Erlebten, an den Hintergründen der Siebenbürgisch-Sächsischen Kultur.
Erst jetzt bildet das Ganze eine erfahrbare Einheit in mir und ich kann mit Recht sagen, daß ich stolz bin, die Chance gehabt zu haben, in diese Gemeinschaft geboren und dort
aufgewachsen zu sein. Denn ich weiß, wo meine Wurzeln sind und daß es einen Platz gibt, an dem ich immer willkommen bin.
Udo Ungar
Isolation fast zum Selbstzweck wurde, am traditionellen Leben
festzuhalten. Die in Deutschland in diese Gemeinschaft neu geborene Generation hatte Probleme damit umzugehen. Ihre Eltern hatten in der alten Heimat dieses traditioelle Leben noch
eingebunden in ein funktionales Ganzes erlebt, die neue Generation mußte mit diesem abgekoppelten Regelwerk zurecht kommen. Das Leben mit diesem Regelwerk glich in nichts dem
Leben ihrer Schulkameraden und Freunde aus dem Wohnort.
Als Zweites ist sehr selbstständig und unabhängig zu sein ein Wesenszug der Siebenbürger-Sachsen. Man wird in dieser Gemeinschaft zu einer gewissen Starrköpfigkeit
erzogen. Da jeder Sachse sein eigener Herr ist und sein Recht auf seine eigene Meinung vehement vertritt.
Hier tritt der Konfliktstoff offen zu Tage. Man muß in dieser Gemeinschaft den Seiltanz beherrschen, als stark ausgeprägtes Individuum in einem engen Netz aus Tradition
und Regeln zu leben.
Für mich ergab sich in meiner Jugend nur die Möglichkeit mich abzukoppeln, da ich diesen Seiltanz nicht zu beherrschen schien.